Übersetzung aus dem Russischen: F. Richter, Freiberg, BRD.

Aufruf

des Internationalen gesellschaftswissenschaftlichen Symposiums „Die Roerich-Bewegung: Aktuelle Probleme zur Bewahrung und zum Schutz des Roerich–Erbes im historischen Zusammenhang“ an die Roerich–Organisationen.

Nicholas Roerich. Krieger mit Schilder

An der Schwelle des XXI. Jahrhunderts ist im Bereich der Internationalen Roerich–Bewegung ein ungeheuerlicher Verrat vollzogen worden. Sein Epizentrum war wiederum das New-Yorker Roerich-Museum, und der Hauptstoß der Sprengwelle des Verrats war geschickt auf Russland gerichtet.

Die heutigen Fortführer der Sache von Horch, der in den 30-er Jahren den kulturellen Aufbau in Amerika verräterisch zugrunde gerichtet hat, das New Yorker Museum bestohlen und sich die geheimen Notizen von Helena Roerich angeeignet hatte, das sind D. Entin, der amtierende Direktor des New Yorker Nikolaj-Roerich-Museums und der Chefredakteur des Verlags „Sfera“ D. Popow. Von diesen waren die von Horch gestohlenen Tagebücher Helena Roerichs veröffentlicht worden, und damit waren nicht nur der Wille der Roerichs mit Füßen getreten und die Fristen verletzt worden, die von der Verfasserin festgelegt und von Swjatoslaw Roerich bestätigt worden waren. Die geheimen Manuskripte waren einer böswilligen Verdrehung und dem Spott unterworfen worden, und den Lesern war angeboten worden, die bis zur Unkenntlichkeit entstellten Texte als Fortsetzung der Lehre von der Lebendigen Ethik anzunehmen. Viele von denen, die sich zu den Roerich – Anhängern zählen, haben mit Genugtuung diesen Köder geschluckt, waren von sich selbst und ihrer „Kühnheit“ begeistert und stellten sich offen oder heimlich auf die Seite der Verräter. Dieser Verrat ist in Fleisch und Blut der Roerich–Bewegung eingedrungen, und seine Folge war ihre abscheuliche Spaltung.

Das alles hat sich nicht plötzlich vollzogen. Vor über zehn Jahren ist das sowjetische Imperium zusammengebrochen, viele hatten keine Beschäftigung mehr. Der Strom der Schwankenden und, umgekehrt, der Leute in Staatsstellung, die ihre Angelegenheiten gut kannten, drängten sich in unterschiedliche soziale Nischen, darunter auch in die Roerich–Bewegung. Es vergingen die Jahre, und inmitten der Roerich-Anhänger befanden sich nun Menschen von hoher Kultur, selbstlos und hohen Idealen ergeben, die einen unbeugsamen Willen und ein festes System geistiger Prioritäten besaßen, in der Minderheit. In der Roerich-Bewegung herrschte nun eine unwissende passive und amorphe Masse von Gleichgültigen vor, die zum Nährboden für Eigenwilligkeit, geistigen Verschleiß und Gemeinheit, für zerstörerische Kräfte wurde, die gegen das Erbe der Roerichs, für Verrat am Willen der Begründer der Bewegung gerichtet war.

Nachdem die Roerich–Bewegung nun den Willen ihrer Gründer verletzt hat und sich dem bösen Willen selbsternannter Hierarchen unterordnet, zersetzt sie sich von innen heraus und gibt ihr Herz der Zerstörung hin – nämlich das Internationale Nikolaj-Roerich–Zentralmuseum, das die Verkörperung des Willens von Swjatoslaw Roerich und seiner bedeutenden Eltern ist, und das sorgsam das an Russland übergebene Erbe der Roerichs vor dem Zugriff einer Vielzahl gieriger Hände bewahrt. Viele Menschen und Länder hätten dieses Erbe gern bei sich, weil sie wage seinen unvergänglichen Wert fühlen, der in vollem Maße erst in ferner Zukunft begriffen werden wird. Die selbstlose Arbeit von Frau Schaposchnikowa, die den Willen von Swjatoslaw Roerich strikt erfüllt, macht das Zentralmuseum lebendig und wirkungsvoll, wie das die Roerichs gewollt haben. Im INRZ ist nicht nur das große Erbe konzentriert. Die tief in seinem Inneren verborgenen sterblichen Überreste von Helena und Nikolaj Roerich füllen den Raum des Zentralmuseums mit einer einmaligen Anziehungskraft und inspiratorischen Stärke, die Ausstellung des Museums krönt ein besonderer Saal, der Saal der Lehrer, streng und feierlich, im Gleichklang mit dem Höchsten. Wie ein Fels, wie ein Leuchtturm steht das INRZ inmitten der stürmischen Ozeanwellen des Lebens im Namen des heiligen Begriffes Kultur, und ganz im Zentrum Moskaus gestaltet sich ein Raum, in dem sich die Zukunft Russlands und der Welt herausbildet.

Die Zukunft kommt in die Welt stets begleitet von Stürmen, und ihre Keime müssen sorgfältig vor dem Grimm der alten Welt geschützt und gegen ihn verteidigt werden. Das Internationale Nikolaj-Roerich–Zentralmuseum braucht jetzt einen Schutz wie niemals zuvor. Gegen das Museum ist ein erbitterter Informationskrieg entfacht worden, der, wie es die Geschichte bezeugt, gewöhnlich andere, entscheidendere Taten hervorruft. Der Informationskrieg findet nicht irgendwo statt, sondern innerhalb der Roerich–Bewegung. Und von uns hängt jetzt nicht nur das Schicksal des Roerich-Erbes ab, sondern auch das zukünftige Schicksal der internationalen Roerich–Bewegung, für die wir nicht das Recht haben, sie zum Verkauf an die Verräter und die Apostaten abzugeben, die sie von innen heraus zerstören und den Willen ihrer Begründer mit Füßen treten. Die Zukunft der Roerich–Bewegung liegt nur auf dem Weg der Bewahrung der Vermächtnisse und des Schutzes des Erbes der Roerichs, des Internationalen Nikolaj-Roerich–Zentralmuseums. Außerhalb dieses Weges liegt nur ihr Verfall und ihre Zersetzung.

Wir rufen alle auf, denen das Roerich–Erbe und das von Swjatoslaw Roerich geschaffene Internationale Nikolaj–Roerich–Zentralmuseum teuer ist, sich zusammenzuschließen und Schulter an Schulter für seinen Schutz einzutreten. Wir müssen mehr wissen, es besser können, aktiver leben und standhaft kämpfen. Nikolaj Roerich hat uns gesagt: „Der beste Schild kann nicht schützen, wenn er nicht erhoben ist“. Erheben wir die Schilde der persönlichen Verantwortung und Ergebenheit, vereinigen wir unsere Anstrengungen in einer wirksamen Internationalen Gemeinschaft der Roerich–Organisationen im Namen der Erfüllung und des Schutzes des Willens der Roerichs, damit die Feinde nicht durchkommen können!

Moskau

21./22. Juni 2002.